Möglichkeiten der Reduktion gibt es in unserem Alltag viele. Wir müssen sie nur erkennen wollen.
Ich persönlich habe jede Menge Bücher im Regal, die noch gelesen werden wollen, Hörbücher und Podcasts auf meiner Liste, die meine Ohren schon erwarten, und ein paar Blogs, die ich gerne mal durchforsten würde. Dazu wissenschaftliche Artikel und Zeitschriften, Lern- und Fortbildungsunterlagen, usw. Es kommt regelmäßig dazu, dass ich vor lauter Input-Möglichkeiten nicht weiß, wo ich anfangen soll. Am liebsten würde ich alles auf einmal lesen und hören, um meinen Kopf mit Wissen, Anekdoten, Tipps und Neuigkeiten zu füllen.
Reduzieren heißt dabei nicht notwendigerweise und auf alles verzichten. Ich weiß beispielsweise genau, dass ich meine Neugier und meinen Wissendurst nicht reduzieren und nicht auf Inputs aus und Weiterbildung in unterschiedlichen Bereichen verzichten möchte. Daher suche ich mir einen anderen Weg des Reduzierens. Um es an ein paar wenigen konkreten Beispiel zu beschreiben: als ich im Juni mit dem Bloggen begonnen habe, wollte ich mich ein wenig über das Thema Schreibstil informieren. Zufällig bin ich dabei auf die Seite einer Lektorin gestoßen, habe mich kurz durchgeklickt und entschieden: ich lese Ihre Tips und frage bei Ihr um Rat, wenn ich welchen benötige. Und die Suche war beendet. Was nicht heißt, dass meine Augen nicht offen bleiben, aber die aktive Suche war damit abgeschlossen.
Auch in anderen Lebensbereichen wende ich diese Methode des Reduzierens vermehrt an: Sichten, Selektieren, Entscheiden. Manchmal benötigt diese Reduktion auf einige wenige Kanäle etwas – oder auch mal deutlich 😉 – mehr Zeit als in meinem Schreibstil-Beispiel, ganz klar. Doch die Energie und Zeit, die wir in die Entscheidung stecken, macht sich bezahlt.
Wissen ist wirkungslos
Heutzutage kommt jede*r so schnell und einfach an Informationen, dass das Beschaffen von Wissen allein kein Kriterium mehr für Erfolg im beruflichen und privaten Kontext ist. Vielfach führt dieses vermeintliche Wissen sogar dazu, dass wir weniger erfolgreich sind. Warum?
– Weil wir das Wissen nicht mehr richtig einordnen können – was ist wirkliches Wissen, was Scheinwissen? Wir wissen nicht mehr, wer Expert*in und wer Pseudo-Expert*in ist.
– Weil wir unseren Hausverstand nicht mehr schulen. Alles wird gegoogelt, dabei bekommen wir schon vorselektierte Informationen serviert und dann scannen wir meist unbewusst nur nach Informationen, die zu unserem aktuellen Kenntnisstand passen.
– Weil Google und Co. wissen, was wir lesen wollen – ein zweiter Faktor einer selektiven Informationsauswahl.
– Weil es eine beinahe unendliche Menge an Informationen gibt, so dass wir gar nicht mehr nachkommen – weder mit dem bewussten Aufnehmen, geschweige denn dem Anwenden von neuem Wissen.
– Weil Reizüberflutung und ein Zuviel an Angeboten, Möglichkeiten und Inputs Aufmerksamkeit und Energie an sich binden und uns dadurch langsamer machen. Im Aufnehmen, im Entscheiden, im Anwenden.
– Weil Wissen nicht automatisch heißt, dementsprechend zu handeln.
„Wissen ist wirkungslos“ soll nicht falsch verstanden werden. Ich meine nicht, dass wir uns weniger weiterbilden sollen, im Gegenteil. Doch Weiterbildung soll mit Anwendung einhergehen, damit sie sinnvoll ist. Sonst merken wir bei einem Aha-Erlebnis, dass wir dasselbe Aha schon ein paar Monate zuvor in einem anderen Kontext hatten und die gewonnene Erkenntnis dann vor lauter hier noch und da noch wieder in der Versenkung haben verschwinden lassen.
In Bezug auf das Anwenden von Wissen tauchen in meinen Gesprächen immer wieder folgende Themen auf: zu viel auf einmal wollen, Dinge aufschieben und kurzfristige bzw. wenig nachhaltige Wissensanwendung bzw. Veränderung. Da diese Themen perfekt zum Jahreswechsel passen, starten wir mit Beiträgen zu diesen Themen im neuen Jahr. Also: stay tuned!
Natürlich gibt es immer wieder auch Tage, an denen ich mich von den vielen Input-Möglichkeiten überreizen lasse. Dann fange mit einer Sache an, gleite zur nächsten, um gleich darauf wieder ganz wo anders zu landen. Die so verbrachte Zeit erscheint mir sowohl während des Tuns als auch in der Nachschau meist als Eines: wenig erfüllend.
Daher versuche ich an Tagen, an denen ich mich von den vielen Input-Möglichkeiten in Form von (Hör-)Büchern, Podcasts, etc. überrollen lasse, mich pro Mußezeit für einen Kanal (z.B. Hören oder Lesen), ein Thema (z.B. Weiblichkeit, Führung, Hochleistung), eine ungefähre Zeitspanne (z.B. bis zum Zubettgehen, für eine Stunde) zu entscheiden.
Erfüllen statt Befüllen
Nehmt Euch am Ende des Tages einmal eine Minute Zeit und stellt Euch folgende Frage: „War der heutige Tag für mich erfüllend?“
Manche von Euch haben sich jetzt vermutlich gefragt, was denn überhaupt einen erfüllten Tag ausmacht. Gleich vorweg: Erfüllt heißt nicht unbedingt, viel getan, erledigt oder erreicht und seinen Tag mit unzähligen Aktivitäten befüllt zu haben.
Was wen glücklich macht und erfüllt, ist individuell. Allerdings ist der Weg zum Erkennen erfüllender Momente für jede*n recht ähnlich: es geht darum, die eigenen Bedürfnisse zu erkennen und herauszufinden, wie Ihr Euch diese erfüllen könnt. Womit wir wieder bei den Fragen von letzter Woche angekommen sind: Was brauche ich wirklich? Was will ich eigentlich? Und neu hinzu: Was erfüllt mich? Dazu kommende Woche ein wenig mehr 🙂
Alles Liebe,
Eure
Esther
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