Nicht selten beginnt die bewusste Kontaktaufnahme zum eigenen Körper mit dem Blick auf die Waage. Und diese zeigt in den Augen vieler Frauen oftmals zu viel an. Doch ist es wirklich eine Zahl auf der Waage, die ausschlaggebend sein soll, wie wir uns sehen und fühlen? Ich kann mich noch gut an ein Gespräch erinnern, in dem mein Gegenüber folgendes sagte: „Ich habe laut BMI ein wenig Übergewicht, aber das merke ich immer erst, wenn ich mich auf die Waage stelle. Mache ich das nicht, fühle ich mich rundum wohl, gesund, vital und attraktiv. Aber dann sehe ich die angezeigten Kilogramm und denke mir, ich sollte vielleicht doch abnehmen, um mich besser zu fühlen. Und dann fühle ich mich weniger gut als vorher. Ist das nicht absurd, was so eine Zahl auslösen kann?“ Tatsächlich können wir versuchen, zwischen folgenden Betrachtungsweisen zu unterscheiden:
Gewicht, eine Zahl auf der Waage, die gerne im medizinischen Kontext als eine Komponente zur Beschreibung des Gesundheitszustandes herangezogen wird.
Figur, als die Form eines Körpers – seine Kurven, Kanten und Größenverhältnisse.
Attraktivität, die wiederum mehr mit Ausstrahlung, Haltung und Bewegung – also mit Körperbewusstsein – zu tun hat. Sie kommt aber auch von Innen und hat damit zu tun, wie wohl wir uns mit und in unserem Körper fühlen.
Wenn wir diese Begrifflichkeiten verwenden, zeigt sich, dass Unzufriedenheit mit dem Körper meist vielmehr mit der Figur zu tun hat als mit dem Gewicht. Experten gehen davon aus, dass jeder Mensch ein natürliches Grundgewicht hat und dass sich dieses einpendelt, wenn wir regelmäßig und ausreichend essen uns körperlich betätigen. Ich bin von der Idee begeistert, dass wir uns in Bezug auf Ernährung und Bewegung wesentlich mehr auf den Genuss konzentrieren und dem Hausverstand wieder mehr Raum geben, wenn es darum geht, was und wieviel wir essen und welche Art von Bewegung wir in welchem Ausmaß machen. Und ich bin dafür, Waagen in eine der hintersten Ecken der Wohnung zu verbannen und zu lernen, unseren Körper besser zu spüren, anstatt ihn zu vermessen und zu beurteilen.
Beurteilen reduzieren, Wohlbefinden steigern
Unseren Körper zu beurteilen, können wir uns am besten überhaupt gleich sparen. Da landen wir viel zu häufig bei der Kritik von einzelnen Aspekte. Da sind die Brüste zu klein und außerdem nicht gleich groß, der Hintern hängt, der Bauch ist zu wabbelig, die Schenkel sind zu wenig definiert, die Füße zu knubbelig und die Ohren zu abstehend. Ich bin mir immer noch nicht sicher, was genau wir eigentlich vorhaben, wenn wir uns auf diese Art und Weise betrachten. Es ändert sich nichts, außer unsere Laune. Die wird schlechter. Wir machen unseren Körper zu einem Objekt. Doch dieser Körper sind wir! Sollten wir uns da nicht lieber freundlich und wohlwollend behandeln? Ich verbringe auch lieber Zeit mit Menschen, die mich gut behandeln. Da genieße ich jede Minute, fühle mich wohl, kann strahlen. Warum sollte es unserem Körper da anders gehen? Wenn wir ihn schon als „Objekt“ sehen – ausgehend davon, dass das Subjekt des Satzes wir selbst sind – dann am besten als eine besonders liebe Freundin. Und entsprechend sollten wir ihn, also uns, auch behandeln.
Gewichtigen Gründen auf der Spur
Eine gute Behandlung kann durchaus auch darin bestehen, ein paar Kilo abzunehmen, wenn unsere Gesundheit durch zu viel Gewicht belastet wird. Jeder nicht medizinisch induzierte Wunsch nach einer Gewichtsreduktion kann mit folgender Frage kritisch analysiert werden: „Was will ich damit erreichen?“ Möchte ich fit sein? Mich attraktiver fühlen? Ein besseres Körperbewusstsein haben? Dann geht es nicht primär um Gewichtsreduktion! Sondern vielmehr darum, einen besseren Kontakt zu uns selbst und unserem Körper zu bekommen, Freude an körperlicher Fitness zu haben, Körperbewusstsein und damit Selbstbewusstsein aufzubauen. Damit treten wir auch anders auf, unsere Außenwirkung ändert sich. Wenn wir eine gute Beziehung zu uns selbst und Zugang zu unseren Bedürfnissen haben – welche sich automatisch durch einen guten Kontakt mit dem eigenen Körper verbessert – dann wirken wir anziehender, stärker, präsenter.
Weiblichkeit braucht weder eine bestimmte Zahl auf der Waage noch auf dem Etikett eines Kleidungsstücks. Wenn ich an besonders weibliche Frauen denke, dann tauchen ganz unterschiedliche Bilder auf. Was alle verbindet, sind vielmehr Ausstrahlung und Präsenz und keinesfalls nur irgendeine bestimmte Art von Körpermaßen. Köperbewusstsein, Selbstannahme, Lebensfreude, Humor, Genussvermögen, Wohlwollen, Sinnlichkeit und Ästhetik – all diese Beschreibungen wiederholen sich, wenn ich versuche, diese auftauchenden Bilder von weiblichen Frauen zu beschreiben und gemeinsame Nenner zu finden.
Sich selbst Aufmerksamkeit schenken– aber wie?
Studien zeigen, dass unsere Selbstzweifel stärker werden, je mehr Aufmerksamkeit wir unserem Körper bzw. Teilen davon schenken. Steht das nicht im Widerspruch mit der Idee, sich selbst mehr Aufmerksamkeit zukommen zu lassen? Wie immer geht es um das WIE. Die Art von Aufmerksamkeit, die ich beschrieben habe, führt ganz sicher zu mehr Selbstzweifel. Wenn wir den Fokus allerdings darauf lenken, was wir mit unserem Körper machen können, was wir brauchen und womit wir uns körperlich wohlfühlen, können wir unser Selbstbild wieder zurechtrücken.
Nächste Woche befasse ich mich näher mit möglichen Wegen, das Körperbewusstsein zu stärken.
Bis dahin wünsche ich Euch eine schöne Zeit voller Genuss und Entspanntheit in Bezug auf Euch und Euren Körper 🙂
Alles Liebe,
Eure
Esther
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